Holvi-Gründer Tuomas Toivonen: So verändert Fintech Europa

Tuomas Toivonen holvi

Tuomas Toivonen gründete 2011 in Helsinki Holvi, eine digitale Finanzplattform speziell für Selbstständige und KMUs. Als profitables europäisches Fintech unterstützt Holvi Unternehmerinnen und Unternehmer mit klaren Prozessen, Automatisierung und lokal angepassten Lösungen in Deutschland, Österreich und Finnland. Tuomas teilt im Interview seine Erfahrungen von der Gründung über Finanzierung, Expansion und Rückübernahme bis hin zu nachhaltigem Wachstum. Er erläutert, wie nordische Effizienz und pragmatische Digitalisierung den DACH-Markt transformieren.


Tuomas, Holvi hast du bereits 2011 in Helsinki gegründet. Was hat dich damals dazu motiviert, eine Finanzplattform für Selbstständige und KMUs ins Leben zu rufen?

Holvi ist aus einem sehr einfachen Grund entstanden: Wir waren selbst Gründer und keine Bank arbeitete so, wie wir es brauchten. Also haben wir eine Lösung gebaut, die sich am Alltag von uns Unternehmerinnen und Unternehmern orientiert. Nicht umgekehrt.

Zur gleichen Zeit kam mit PSD1 zum ersten Mal echte Bewegung in den europäischen Markt. Plötzlich gab es Raum für neue Anbieter. Banking für Selbstständige und KMUs war damals praktisch ein unbeschriebenes Blatt.

Aus heutiger Sicht war genau das unsere Chance: Von Anfang an etwas aufzubauen, das wirklich gebraucht wurde. Und diese Klarheit hat uns am Ende auch dahin gebracht, wo wir heute stehen. Als eines der wenigen europäischen Fintechs, das profitabel arbeitet.

Wege von der Gründung bis zur Profitabilität sind nicht immer geradeaus. Welche Learnings hast du aus den frühen Finanzierungsrunden und der Rückübernahme gezogen?

Die frühen Jahre fühlten sich oft wie echte Pionierarbeit an. Es gab keine Blaupausen. Die Strukturen, die Fintechs heute als selbstverständlich ansehen, mussten wir uns erst selbst schaffen. Skalierung war kompliziert, teuer und voll von Learnings, die man sich nicht aussuchen kann.

Ein wichtiges Learning: Sobald man ein Problem gelöst hat, steht das nächste schon bereit. Das ist kein Rückschritt – das ist Unternehmertum. Wer das akzeptiert, bleibt handlungsfähig. Ein weiteres Learning kam durch unsere Expansion: Wir dachten lange, dass Länder wie Deutschland und Österreich sich ähnlich verhalten würden. In der Realität sind es zwei sehr unterschiedliche Märkte mit eigenen Erwartungen, Gewohnheiten und Regeln. Das hat uns gezeigt, wie wichtig echte Lokalisierung ist.

Wir haben außerdem viel darüber gelernt, wie große Finanzinstitute arbeiten und wie unterschiedlich ihre Perspektiven sind. Diese Einblicke haben uns geholfen, Disziplin mitzunehmen, ohne unsere eigene Geschwindigkeit zu verlieren. Als wir Holvi später in die Unabhängigkeit zurückgeholt haben, war die Entscheidung klar: Wir wollten konsequent an unserer ursprünglichen Vision festhalten, eine Finanzplattform zu bauen, die zu 100 % auf Unternehmerinnen und Unternehmer zugeschnitten ist.

Holvi Wallet Card
Holvi Wallet Card | Foto: Holvi

Holvi wächst heute stärker denn je und hat Standorte in Helsinki, Berlin und Madrid. Wie plant ihr euer Wachstum nachhaltig, ohne in die Falle von Hypergrowth zu geraten?

„Sei nicht gierig“ ist einer unserer wichtigsten Grundsätze. Wachstum um jeden Preis ist kein nachhaltiges Modell. Wir konzentrieren uns auf Märkte, die wir wirklich verstehen. Aktuell sind das Deutschland, Finnland und Österreich. Jedes Land hat eigene Regeln, eigene Gewohnheiten, eigene Erwartungen. Deshalb glauben wir nicht an One-size-fits-all. Wir bauen lokale Angebote, die sich anfühlen wie „für mich gemacht“, weil sie genau das sind. Wer seine Kundinnen und Kunden ernst nimmt, will nicht überall gleichzeitig gewinnen. Man will dort überzeugen, wo man wirklich gebraucht wird.

Finnland gilt als Vorreiter bei Digitalisierung und Prozessoptimierung. Welche Prinzipien aus dem nordischen Modell nutzt Holvi konkret, um Abläufe effizienter zu gestalten und echten Mehrwert zu schaffen?

Unsere nordische DNA lässt sich einfach beschreiben: klare Prozesse, Effizienz und Vertrauen in digitale Lösungen. In Finnland ist digitale Verwaltung längst Alltag. Niemand verschickt Rechnungen per Post, weil Papier Abläufe nur verlangsamt. Genau dieses pragmatische Mindset bringen wir in den DACH-Raum.

Bei Holvi heißt das: automatisierte E-Rechnungen und integrierte Schnittstellen. Für uns sind solche Tools kein Extra, sondern Voraussetzung, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Unser Ziel ist es, genau diese pragmatische Digitalität auch hier zu verankern.

Wenn du Gründerinnen und Gründern in wenigen Sätzen erklären müsstest, worauf es bei der Skalierung eines Fintechs wirklich ankommt – was würdest du sagen?

Fokussiere dich auf die richtigen Kundinnen und Kunden, nicht auf die größte Reichweite. Baue Produkte, die echte Probleme lösen. Und höre nie auf, zuzuhören. Europa wartet noch an vielen Stellen auf digitale Lösungen. Genau dort entsteht jetzt der Wandel, den die Nordics schon hinter sich haben.

Und vielleicht das Wichtigste: Stabilität schlägt Geschwindigkeit. Selbstständige und KMUs wünschen sich Partner, denen sie vertrauen können. Wer echten Nutzen liefert und Vertrauen aufbaut, gewinnt langfristig.

Vielen Dank für das Gespräch.